Andreas Voglmayr, Business Unit Executive bei Fabasoft, erklärt im Gespräch, warum die E-Akte das Fundament der digitalen Verwaltung ist und welchen Einfluss sie auf die Digitalisierung der Verwaltung in Deutschland hat. Er erläuterte außerdem, wie KI-gestützte, „intelligente Akten“ Behörden helfen, schneller zu entscheiden, Fachkräfte zu entlasten sowie den steigenden Erwartungen von Bürger:innen und Unternehmen gerecht zu werden.
Wie sehen Sie die aktuelle Entwicklung der digitalen Verwaltung in Deutschland?
Andreas Voglmayr: Deutschland hat in den vergangenen Jahren spürbare Fortschritte bei der digitalen Verwaltung erzielt. Besonders positiv ist, dass Bund, Länder und Kommunen stärker zusammenarbeiten und gemeinsame Standards entwickeln, um Abläufe zu vereinheitlichen. Gleichzeitig treibt die wachsende Nachfrage nach nutzerfreundlichen Online-Services den Ausbau weiter voran.
Insgesamt entwickelt sich die digitale Verwaltung Schritt für Schritt zu einem selbstverständlichen Bestandteil des Behördenalltags und eröffnet neue Möglichkeiten für effiziente, bürgernahe Services.
Wo liegen aktuell die größten Herausforderungen bei der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung?
Der demografische Wandel verschärft den Fachkräftemangel und zwingt Verwaltungen, ihre Arbeitsweise grundlegend zu modernisieren und zu digitalisieren. Zudem erwarten Bürger:innen und Unternehmen, dass die Verwaltung ihre Anliegen und Anträge schnell bearbeitet. Eine wochenlange Wartezeit, ist heutzutage nicht mehr akzeptabel. Gerade Unternehmen brauchen schnelle Genehmigungen, um Projekte umzusetzen, neue Arbeitsplätze zu schaffen und wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Verzögerungen blockieren Investitionen und bremsen Wachstum. Low-Code-/No-Code- Technologien in Kombination mit künstlicher Intelligenz schaffen genau hier Entlastung: Mitarbeitende gestalten digitale Prozesse ohne tiefgreifendes Programmierwissen und nutzen KI, um Arbeitsschritte zu automatisieren und Entscheidungen zu unterstützen. So bleibt trotz knapper Personalressourcen Raum für den Ausbau digitaler Services. Parallel dazu braucht es rechtliche Vorgaben, die es ermöglichen, vollständig digitale Abläufe rechtssicher umzusetzen – eine Voraussetzung für unseren nachhaltigen Fortschritt.
Welche Rolle spielen E-Akten bei der digitalen Transformation von Behörden?
Die E-Akte bildet das Herzstück der digitalen Transformation in Behörden. Sie bündelt den gesamten Wissensschatz der Verwaltung aus den vergangenen Jahrzehnten und macht ihn zugänglich. Dieser Datenbestand eröffnet die Chance, Abläufe mithilfe von künstlicher Intelligenz deutlich effizienter zu gestalten und neue digitale Prozesse zu entwickeln.
Daten sind der Treibstoff der Transformation – und diese liegen gebündelt in der E-Akte. Wer diesen Schatz strategisch nutzt, schafft die Grundlage für eine moderne, zukunftsfähige Verwaltung.
Wie viele Länder in Deutschland verwenden bereits die Fabasoft eGov-Suite?
Die Fabasoft eGov-Suite ist in Deutschland auf allen Verwaltungsebenen fest verankert. Mehr als 200 Bundesbehörden arbeiten mit der „E-Akte Bund“. Auf Landesebene setzen unter anderem Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern auf unsere digitale Aktenverwaltung. Auch zahlreiche Kommunen nutzen die Fabasoft eGov-Suite erfolgreich, etwa in München, Frankfurt am Main und Nürnberg. Ein besonderes Beispiel stellt das Kommunale Rechenzentrum Niederrhein (KRZN) dar: Dort betreibt der IT-Dienstleister ein Multimandantensystem für rund 18.000 Anwender:innen, basierend auf der Fabasoft eGov-Suite.
Fabasoft spricht von „intelligenten Akten“. Können Sie konkret erklären, was darunter zu verstehen ist?
„Intelligente Akten“ sind digitale Akten, die KI nutzen, um etwa Inhalte zu erkennen, Zusammenhänge zu verstehen und relevante Informationen bereitzustellen. Nutzer:innen können Fragen in natürlicher Sprache stellen und erhalten präzise Antworten oder Zusammenfassungen direkt aus Dokumenten, Vorgängen, Akten und Teamrooms. Dies steigert die Effizienz und ermöglicht fundierte Entscheidungen in der Verwaltung.
Worin unterscheidet sich eine intelligente Akte von einer klassischen E-Akte?
Die E-Akte digitalisiert die Aktenführung, protokolliert Bearbeitungsschritte und ermöglicht die effiziente Gestaltung von Verwaltungsabläufen. Die gespeicherten Dokumente, Metadaten und Vorgänge bilden – wie bereits erwähnt – den zentralen Datenschatz, auf dem automatische Analysen, Prozesssteuerung und KI-gestützte Funktionen aufbauen. Die E-Akte liefert somit die Basis für die Digitalisierung und für die intelligente Akte.
Wieso sollten Verwaltungen auf die „intelligente Akte“ setzen?
Verwaltungen sollten auf die intelligente Akte setzen, weil Aufgabenmenge, Qualitätsanforderungen und Geschwindigkeit der Abläufe stetig steigen. Menschliche Ressourcen allein reichen hier nicht mehr aus, um Prozesse effizient zu bewältigen. Die intelligente Akte trägt entscheidend dazu bei, die steigenden Anforderungen aktiv zu bewältigen. Besonders bei Verwaltungsleistungen zeigt sich die Bedeutung: Effiziente Abläufe sichern schnelle Entscheidungen, entlasten die Verwaltung und stärken die Wirtschaft.
Wie gestalten intelligente Akten den Arbeitsalltag von Sachbearbeiter:innen und Führungskräften in Verwaltungen effizienter?
Intelligente Akten entlasten Sachbearbeiter:innen von Routinetätigkeiten und schaffen dadurch Raum für die inhaltlich komplexeren Aufgaben. Führungskräfte gewinnen einen besseren Überblick und können strategische Entscheidungen gezielter treffen. Außerdem haben Behörden durch moderne Technologien die Chance, sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren. Eine digital transformierte öffentliche Verwaltung relativiert das oft noch vorherrschende konservative Image und zeigt, dass Behörden zahlreiche fachlich fordernde Jobs anbieten.
Können Sie ein konkretes Beispiel aufzeigen, wie Behörden durch intelligente Akten profitieren?
Intelligente Akten verändern den Umgang mit umfangreichen Verwaltungsunterlagen grundlegend. Ein Beispiel ist der AI Use Case „Zusammenfassung“. Die Fabasoft eGov-Suite fasst komplexe Sachverhalte etwa von Akten mit mehreren hundert Seiten kompakt zusammen, berücksichtigt dabei Rolle und Blickwinkel des Anwenders und verschafft Mitarbeitenden somit in kürzester Zeit einen klaren Überblick über Sachverhalte, die wichtigsten handelnden Personen und die getroffenen Entscheidungen.
Zusammenfassungen werden nach individuellen Anforderungen und Zugriffsrechten erstellt, sodass jede Person genau die Informationen erhält, die für ihre Aufgaben relevant sind. Sachbearbeiter:innen bekommen strukturierte Fakten und Fristen, welche die Bearbeitung deutlich beschleunigen. Die Leitung erhält Kennzahlen, Berichte und Handlungsempfehlungen, während IT-Teams ausschließlich die für ihre Tätigkeiten relevanten Daten einsehen.
So bleibt der Informationsfluss stets transparent und effizient, selbst bei umfangreichen Akten mit möglichweiser jahrelanger Historie. Die künstliche Intelligenz unterstützt damit nicht nur den Überblick, sondern steigert auch die Qualität und Treffsicherheit von Entscheidungen erheblich.
Wie kann künstliche Intelligenz zukünftig Verwaltungsprozesse weiter verbessern, ohne menschliche Kontrolle zu ersetzen?
Fabasoft setzt auf den Ansatz „Human in the Loop“: Die künstliche Intelligenz unterstützt, aber Menschen treffen weiterhin alle wichtigen Entscheidungen und behalten die Kontrolle, um sicherzustellen, dass alle Vorgangsweisen korrekt sind – juristisch, moralisch und gesellschaftlich. So steigert KI die Effizienz von Verwaltungsprozessen, ohne die menschliche Verantwortung zu ersetzen.
Welche Trends im E-Government treiben aus Ihrer Sicht die Nutzung von intelligenten Akten voran?
Hier sind drei Entwicklungen besonders hervorzuheben. Erstens rückt künstliche Intelligenz in den Mittelpunkt. Die entscheidende Frage lautet nicht, ob KI genutzt wird, sondern wie sie in der Verwaltung echten Mehrwert schafft.
Zweitens gewinnt digitale Souveränität an Gewicht. Mit Cloud-nativen Architekturen betreiben Behörden ihre Anwendungen flexibler und können sie bei Bedarf zwischen verschiedenen Anbietern verschieben. So entsteht eine belastbare Multi-Cloud-Strategie, die Abhängigkeiten reduziert. Die Verwaltung behält die Kontrolle über ihre Daten und stärkt ihre Handlungsfreiheit im digitalen Raum.
Drittens sind auch Low-Code-/No-Code-Funktionalitäten essenziell. Ihr Einsatz ermöglicht Beschäftigten in Behörden, künftig selbstständig, ohne vertiefte Programmierkenntnisse, softwarebasierte Anwendungen auf einfache Art und Weise hinzuzufügen. Damit ist die öffentliche Verwaltung in der Lage, mit wenig Aufwand in kürzester Zeit auf neue Anforderungen zu reagieren und einen enormen Nutzen zu erreichen.
Was raten Sie Verwaltungen, die den Schritt zur intelligenten Akte machen möchten?
Wichtig ist es, von Beginn an die richtigen Weichen zu stellen: Beim Umstieg zur intelligenten Akte empfiehlt sich die Berücksichtigung der zuvor genannten Faktoren: Das System muss Cloud-nativ arbeiten sowie die Multi-Cloud-Strategie und Low-Code-/No-Code-Technologien unterstützen. Von zentraler Bedeutung ist, künstliche Intelligenz von Beginn an einzuplanen, denn eine spätere Integration ist technisch aufwendig oder meist sogar unmöglich.
Mit der Fabasoft eGov-Suite erfolgt der Wechsel von der elektronischen zur intelligenten Akte fließend. Kunden müssen nichts anpassen und sich um nichts kümmern. Neue AI Use Cases liefern wir regelmäßig mit den Updates mit, sodass Verwaltungen automatisch von Verbesserungen profitieren. Kunden bekommen mit der Fabasoft eGov-Suite ein Rundum-sorglos-Paket geliefert.


